Verstrickt in die Vereinbarkeitslüge

Irgendwann einmal wird man die Gegenwart, die dann Vergangenheit sein wird, nach ihren wesentlichen Zügen befragen, und auf der Suche nach Antworten auch zu den Büchern Juli Zehs greifen. Neujahr, ihr jüngster Roman, macht da keine Ausnahme; gleichwohl der gesellschaftlichen Diagnose, die der Text in seinem ersten Teil stellt, schlussendlich – wenig überzeugend – eine individuell-psychologische Ursache unterlegt wird. Weiterlesen

Das Unternehmen Familie

Vom ideologischen Blendwerk, die Belegschaft eines Unternehmens als Familie zu apostrophieren – mit dem Chef als treusorgendem Patriarchen an der Spitze –, war an dieser Stelle bereits die Rede; nicht jedoch von der gegenläufigen Entwicklung – der Einholung des Unternehmertums in die Familien. Der Einzug von Effizienz und maximaler Leistungsbereitschaft hat sowohl auf die Rollenbilder der Eltern als auch auf die gesellschaftliche Erwartungshaltung an die Familie erheblichen Einfluss. Von der Überforderung der Mütter über die Marginalisierung der Väter bis zum Schreckensszenario eines normierten Nachwuchses – es lässt sich kaum Positives an dieser Entwicklung feststellen. Weiterlesen

Die Kamele sind tot – Staatswerdung im Orient

Wenn gegenwärtig im Nahen Osten, in Vorder- und Zentralasien Krieg und Terror den Alltag beherrschen, die Menschen deshalb flüchten müssen, wird eine wesentliche historische Ursache allenfalls am Rande erwähnt: Als die europäischen Staaten ihre kolonialen Abenteuer beendeten (oder beenden mussten), versündigten sie sich ein letztes Mal an ihren Untergebenen, indem sie willkürlich Staatsgrenzen festlegten – Grenzen, um die die Einheimischen nicht gebeten hatten, die auf Familien- und Stammesverbände keine Rücksicht nahmen, die letztlich einzig in die Welt der abziehenden Kolonialherren passten. Was offiziell als Unabhängigkeit daherkam, war mit einem Ballast beschwert, der eine gesamte Weltregion ins Verderben reißen sollte. Weiterlesen